Er gilt als DIE Investmentlegende schlechthin: Warren Buffett. Mit seiner bescheidenen, bodenständigen und dennoch beharrlichen Art begeistert der US-Multi-Milliardär Börsianer und Nicht-Börsianer gleichermaßen. Wir verraten Ihnen, wie Sie Buffetts weltberühmte Value-Investing-Strategie nachbilden und mit etwas Glück sogar schlagen!
Das Rad nicht neu erfunden
Zugegeben, die Idee ist nicht neu: Ein Portfolio aufbauen, das die Strategie des Orakel von Omaha abbildet und durch den Austausch einzelner Titel eine noch bessere Performance erzielen soll. Das vermutlich bekannteste deutschsprachige Anlegermagazin „Der Aktionär“ legte bereits vor mehreren Jahren ein entsprechendes Musterdepot auf. Anders als die Redaktion aus Kulmbach teilen wir unsere Ideen für ein aussichtsreiches Schlag den Buffett Depot jedoch gänzlich kostenlos. Und: Einen kleinen Buffett-Exkurs gibt es obendrauf.
Buffett und Berkshire: eine ungewöhnliche Geschichte
Warren Buffett hätte sich unlängst einen Ehrenplatz in der Hall of Investors gesichert. Sofern es sie denn gäbe! Selbst die derzeit schärfste Konkurrentin Cathie Wood muss ihren Hut vor dem Großmeister ziehen: Während sich der von Wood aufgelegte und insbesondere unter jungen Anlegern beliebte ARKK Innovation ETF von seinem Allzeithoch im März 2021 nahezu halbiert hat, konnte die Aktie der Berkshire Hathaway Inc. (ISIN: US0846707026) um satte 30 Prozent zulegen! Besagte Holding, die seit ihrer Gründung (1955) zu den 20 größten US-Firmen aufgestiegen ist, gilt als das Aushängeschild von Warren Buffett. Schließlich spiegelt die Berkshire Hathaway Aktie eins zu eins die Anlagestrategie des Manager-Asses wider und genießt insbesondere in stürmischen Börsenzeiten den Ruf als sicheren Hafen.
So erfolgreich die Investmentstrategie des mittlerweile 91 Jahre alten und schätzungsweise 113 Milliarden US-Dollar schweren Warren auch sein mag, so war die Übernahme der ehemaligen Berkshire Hathaway Holding alles andere als ein ausgeklügelter Schachzug. Buffett kaufte den Konzern vielmehr aus Trotz und weniger aus Überzeugung! Hintergrund: Der Investor besaß nach mehreren Investitionen in die einstige Textilgesellschaft knapp ein Drittel der ausstehenden Aktien und war bereit, diese für 11,5 US-Dollar an den Konzern im Rahmen eines Rückkaufprogramms abzutreten. Der damalige Geschäftsführer Seabury Stanton hatte Buffett besagten Preis zunächst mündlich zugesichert. Im letztendlichen Vertrag hingegen war ein Preis von 11,375 US-Dollar pro Aktie eingetragen. Sich in seiner Investment-Ehre verletzt, entschloss sich der damals 35-jährige Warren, seine Beteiligung an der Holding nicht nur zu behalten, sondern weiter aufzustocken. Buffett stieg zum Mehrheitseigner auf, entließ Stanton als Vorsitzenden und nahm dessen Platz ein. Der frisch gebackene CEO formierte Berkshire Hathaway von Grund auf neu und ernannte seinen langjährigen Weggefährten Charlie Munger zum Co-CEO.
Die Positionen, die im Portfolio von Berkshire Hathaway vertreten sind, werden teils jahrelang von Buffett und Munger analysiert, wobei Letzterer einen erheblichen Einfluss auf die heutige Investmentstrategie von Buffett hatte. So soll Munger seinen Kollegen davon überzeugt haben, nicht mehr in „Zigarettenstummel“, also besonders günstige Unternehmen, sondern ausschließlich in solche mit langfristigen Wachstumsperspektiven und Wettbewerbsvorteilen zu investieren. Folglich beteiligt sich die US-Legende zum Beispiel mittlerweile nur noch an Unternehmen, die er komplett erwerben würde, deren Geschäftsmodell er gänzlich versteht und dessen Aktien er ohne Bedenken zehn Jahre lang halten würde. Zu diesem Ansatz gehört auch die Idee, lieber exzellente Unternehmen zu passablen Preisen, anstatt passable Unternehmen zu guten Preisen zu kaufen.
Im Folgenden wollen wir uns auf die drei größten Positionen des Berkshire-Depots konzentrieren. Dies sind auf Basis der zuletzt gemeldeten Quartalsergebnisse der Smartphone-Gigant Apple, die Großbank Bank of America und der Finanzdienstleister American Express.
Wichtig: Neben Beteiligungen an 44 börsennotierten Unternehmen in Form von Aktien hält die Holding zahlreiche weitere Investments. Da diese jedoch nicht an den freien Finanzmärkten gelistet sind, somit weniger ausführlich über ihre Geschäftsentwicklung berichten müssen und vergleichsweise geringe Beachtung finden, stellen wir zunächst die börsennotierten Beteiligungen in den Vordergrund.
1. Apple
Mutig! Nahezu die Hälfte der von Berkshire Hathaway gehaltenen Aktien entfällt auf die Apple Inc. (ISIN: US0378331005). 42,7 Prozent macht der Apfel-Konzern im Portfolio von Buffett und Munger aus. Folglich war beziehungsweise ist der Handy-, Tablet-, Notebook- und Smartwatch-Bauer auch maßgeblich für die Kursentwicklung der Berkshire Hathaway Aktie verantwortlich. Wer also in das Buffett-Munger-Imperium investiert, setzt einen erheblichen Teil seines Geldes auf Apple! Bisweilen mit Erfolg, keine Frage. Dennoch lohnt sich der Blick auf die Konkurrenz, schließlich könnte sich auch bei Apple das Goldene Zeitalter dem Ende zuneigen.
Der Kernbereich von Apple umfasst den Verkauf von Mobiltelefonen, Peripheriegeräten und Computern. Selbige Produkte vertreibt zum Beispiel die Samsung Electronics Co. LTD (ISIN: KR7005930003), kurz Samsung. Die Südkoreaner können bei Weitem nicht mit solch einer Prestige wie die Kalifornier aufwarten, verkaufen ihre Hightech-Alleskönner allerdings auch zu weitaus günstigeren Preisen. Zudem hat man sich, anders als Apple, unlängst zum Elektro-Gemischtwarenladen entwickeln können. Die Produktpalette von Samsung vereint neben Smartphones, Tablets und Notebooks auch Haushaltsgeräte wie Kühlschränke, Waschmaschinen und Mikrowellen.
Angesichts der Produktbreite dürfte Samsung der Einstieg in das sagenumwobene Internet of Things (IoT) sowie dem Zuhause der Zukunft aka Smart Home einfacher als Apple gelingen. Analysten sind sich deshalb einig: Die Samsung Aktie ist ein Kauf! 24 Experten raten zum Kaufen, 12 zum Aufstocken und drei zum Halten. Ein Blick auf die Finanzen offenbart überdies eine relative Unterbewertung. So wird der Apple Aktie ein KGV von knapp 30 zugesprochen, wohingegen es die Samsung Electronics Co. LTD lediglich auf ein KGV von 9,7 bringt. Beide Unternehmen sind selbstverständlich schuldenfrei, weisen eine gesunde Bilanz auf und halten einige Millionen Cash in der Hinterhand. Doch während Apple sein über 100 Milliarden Dollar dickes Finanzpolster für den Rückkauf eigener Aktien aufbringt und somit den Gewinn pro Aktie in erster Linie künstlich steigert, schüttet Samsung 25 Prozent seiner Erträge in Form von Dividenden aus. Anleger freuen sich über eine Dividendenrendite von 2,53 Prozent.
Besonders interessant: Analysten zufolge sollen die Umsätze beider Unternehmen in den kommenden Jahren steigen, allerdings wird nur eine Steigerung der Nettomarge zugetraut. Derweil hinken die Südkoreaner dem Rivalen aus Übersee mit einer Nettomarge von 14 Prozent zwar hinterher, 2022 wird jedoch bereits ein Anstieg auf 14,85 Prozent und für 2023 auf 16,10 Prozent erwartet. Im Hause Apple soll die Nettomarge von zuletzt 25,88 Prozent auf zunächst 25,33 Prozent und im Jahr 2023 eventuell auf 24,97 Prozent sinken! Die Befürchtung: Auch die treuesten Apple-Kunden könnten im Umfeld galoppierender Inflationsraten nicht mehr bereit beziehungsweise fähig sind, die horrenden Preise für iPhone & Co. zu schultern.
Hat Apple also ausgedient? Steht die Aktie des Global Players vor dem Absturz? Mitnichten! Das Tech-Imperium aus Cupertino hat weit mehr als iPhones, iPads und iPods zu bieten. „One More Thing“ hat der Apple Aktie auch in schwachen Marktphasen immer wieder zu neuen Höchstständen verholfen. So riefen neulich zum Beispiel Gerüchte über ein Hardware-Abo-Modell Kursfantasien hervor. Nicht zuletzt das sehnlichst erwartete Apple Car könnte Anleger um ein weiteres Mal begeistern. Vorausgesetzt, der Apfel schafft es überhaupt auf die Straße.
Samsung ist der Sprung aufs Asphalt bereits gelungen. Denn die Samsung Electronics Co. LTD hält einen erheblichen Anteil an der Samsung SDI Corp., ein führender Batterieproduzent und Akkulieferant für Elektroautos sowie Solarparks. Und damit nicht genug! Die Koreaner halten bereits seit Jahrzehnten ein umfangreiches Konglomerat in der Hinterhand und haben sich im Laufe der Zeit ein regelrechtes Ökosystem erschaffen. Samsung Securities beispielsweise bietet ein Rundumpaket aus Versicherungs- und Vermögensverwaltungsprodukten. Samsung Heavy Industries gilt als führend im Schiff- sowie Tiefbau. Samsung Biologics vertreibt Antikörper zur Behandlung von Autoimmunerkrankungen und die Samsung C&T hat sich auf den Stahl- und Chemikalien-Handel spezialisiert.
2. Bank of America
Auf dem zweiten Platz befindet sich die Aktie der Bank of America Corp. (ISIN: US0605051046). Die zweitälteste Bank der USA macht 14,61 Prozent des Buffett-Depots aus und wäre leicht durch eine Reihe an Konkurrenten, die bezogen auf die Finanzkennzahlen sogar besser abschneiden, zu ersetzen. Allerdings gehören einige dieser Werte bereits zum Portfolio der Berkshire Hathaway! Die U.S. Bancorp etwa belegt den achten Platz (2,56 Prozent) und die Bank of New York Mellon Corporation den zehnten Platz (1,28 Prozent).
Eine denkbare Alternative zur Bank of America: Wells Fargo & Co. Problem: Die Finanzierungsbank mit Schwerpunkt auf Kreditvergabegeschäfte befand sich bereits eine lange Zeit in der Beteiligungsliste der Hathaway-Gruppe. Hier war der Finanztitel sogar jahrelang unter den Top-Investments vertreten, bis Buffett seine letzte Position im Mai 2021 abstieß. Skandale um Zinsmanipulationen und Scheinkonten hatten das Image von Wells Fargo ruiniert. Der Großmeister sah sich allein aus Reputationsgründen genötigt, der Skandal-Bank den Rücken zuzukehren. Der Ausstiegszeitpunkt war allerdings denkbar ungünstig gewählt. Nur vier Monate nach Buffetts Ausstieg bei Wells Fargo & Co. drehte die Aktie und absolvierte eine fulminante 160-Prozent-Rallye.
Als Ersatz für die 314 Milliarden US-Dollar schwere Bank of America kommen insbesondere zwei Titel infrage. Die BankUnited Inc. (ISIN: US06652K1034) beispielsweise hat ein ebenso starkes Kreditvergabegeschäft wie die Bank of America vorzuweisen und ist mit einem Online-Kanal für besonders schnelle Finanzierungsangebote unter jungen Leuten sehr beliebt. Die Zahlen der BankUnited überzeugen ebenfalls: Mit einem KGV von 9,36 befindet man sich auf einem ähnlichen Bewertungsniveau wie die Bank of America (KGV: 12,46) und kann angesichts der Nettomarge von 44,6 Prozent die Profitabilität des Konkurrenten sogar knapp übertreffen. Eine Dividende in Höhe von 2,5 Prozent winkt ebenfalls.
Stichwort Dividende: Wer auf der Jagd nach einer dividendenstarken Anlage ist, darf auf die Aktie der Bank of Nova Scotia (ISIN: CA0641491075) schielen. Die Kanadier haben ihre Ausschüttung zuletzt auf 1,03 Kanadische Dollar angehoben, was eine Dividendenrendite von 4,5 Prozent ergibt. Für die Aktie der Nordamerikaner spricht auch der Chart, der sich trotz Tech-Crash, Stagflationssorgen und Ukraine-Krieg bestens entwickeln konnte: Seit September 2021 verteuerten sich die Papiere der Bank of Nova Scotia um mehr als ein Drittel. Das Ende der Fahnenstange dürfte noch nicht erreicht sein: Analysten sehen die Aktie bei rund 100 Kanadische Dollar als fair bewertet.
Zu guter Letzt ist das Engagement in Latein- und Mittelamerika sowie in Teilen Asiens bemerkenswert. Insbesondere letztere Region gilt aufgrund ihrer hohen Kreditausfallrate als spekulativ, doch die Bank of Nova Scotia scheint ein Händchen für solvente Kunden zu haben. Lediglich die regelmäßigen Kapitalmaßnahmen könnten vor einem Investment in die Kanadier abschrecken.
3. American Express
Die dritte Aktie im Bunde, die Aktie der American Express Company (ISIN: US0258161092), stammt ebenfalls aus dem Finanzwesen. Aushängeschild von „AmEx“ ist das Kreditkartengeschäft, besser gesagt die weltweit bekannte und in sämtlichen Industrieländern akzeptierte American Express Card. Im Zuge der Digitalisierung wurden die grünen, silbernen, goldenen oder gar schwarzen Plastikkarten vielerorts durch die American Express App ersetzt. Als Status-Symbol dürfte die American Express Card jedoch nicht so schnell aus den Portemonnaies der „Upper Class“, wie der Kundenkreis von AmEx nur allzu gerne bezeichnet wird, verschwinden.
Die Geschichte der American Express Company reicht bis ins Jahr 1850 zurück. Der ursprüngliche Geschäftsbereich der Amerikaner? Das Speditionswesen! Denn eine staatliche Post existierte dato noch nicht. Im Laufe der Zeit erkannte man die Profitabilität des Finanzprodukt-Versands: Wenige Gramm schwere Zertifikate und Schuldverschreibungen beispielsweise waren wesentlich kostengünstiger als Industrie- und Konsumgüter transportiert – und brachten deutlich höhere Margen ein! AmEx zog sich aus dem kapitalintensiven Speditionswesen zurück und stieg zum Pionier der Bargeldlos-Shopping-Welt auf.
Aktuell stellt American Express eine tragende Säule der US-Wirtschaft dar und gehört zu den Top-Unternehmen im Dow Jones Industrial Index, kurz Dow. Lediglich der Klebezettel-Produzent 3M spielt auf dem ältesten Börsenparkett der USA eine wichtigere Rolle. Welches Unternehmen kann solch einem Milliardenkonzern wie der American Express Company die Stirn bieten? Unsere Antwort: Mastercard! Ein Blick auf die Charts der beiden Kreditkarten-Giganten offenbart, dass es sich um ebenbürtige Kontrahenten handelt. Zwar lässt sich die Entwicklung der Papiere nicht eins zu eins vergleichen, schließlich erfolgte der IPO der Mastercard Inc. Aktie (ISIN: US57636Q1040) im Mai 2006, wohingegen die American Express Aktie bereits seit 1977 börsennotiert ist. Betrachtet man jedoch den maximalen vergleichbaren Performance-Zeitraum, steht auf dem Kurszettel der Mastercard Aktie ein Plus von 853 Prozent, auf dem der American Express Aktie ein Plus von 254 Prozent.
Sicher, die zurückliegende Performance einer Aktie ist nicht als ein Indikator für die zukünftige Entwicklung anzuführen. Doch auch abgesehen der historischen Stärke existieren Gründe, auf Mastercard zu setzen. Zwar ist man bezogen auf das KGV mit einem Wert von 35 nahezu doppelt so hoch bewertet wie AmEx (KGV: 19,3). Dafür ist das Geschäftsmodell von Mastercard allerdings solider, weil breiter aufgestellt. So hat man etwa mit dem Masterpass den Einzug in das Krypto-Universum vollzogen und bietet seinen Kunden über die hauseigene Wallet Zugang zu zahlreichen Kryptowährungen. Hinzu kommt, dass die Zauberkarte von Mastercard deutlich weiter verbreitet ist: Rund 69 Prozent der Einnahmen werden außerhalb der USA erzielt. American Express hingegen kommt lediglich auf einen Auslandsanteil von 22 Prozent. Sollte die US-Wirtschaft tatsächlich schwächeln, wie derzeit angenommen, dürfte die Aktie von Mastercard (weiterhin) besser performen.
Der vielleicht größte Pluspunkt der Mastercard Inc. ist die Ertragsstärke. So beträgt zum Beispiel die Umsatzrendite stolze 56 Prozent, die Nettomarge immer noch 44,6 Prozent! Letztere soll sich im kommenden Jahr nur minimal erhöhen, läge dann jedoch immer noch deutlich über der Nettomarge der American Express Company (18,68 Prozent). Hier erwarten einige Analysten sogar einen Rückgang der Marge auf 14 Prozent. Apropos: Während der Großteil der Analysten die American Express Aktie als eine Halte-Position einstuft, genießt die Mastercard Aktie einen ungeteilt positiven Ruf. 22 Experten raten zum Kauf, elf zum Aufstocken und vier zum Halten. Ein Beobachter steht derzeit ohne Meinung da und stuft das Papier mit Neutral ein.